Aufsatz Staatskunde

14 Jan 2005 - 00:27 | Version 7 |

Landwirtschaft wohin?

Sehr geehrter Herr Couchepin, Bundesrat und Departementsvorsteher des EVD. Ich möchte Ihnen meine Anliegen bezüglich der heutigen, miserablen Situation der Landwirtschaft vorzeigen, weil ich denke, dass man sich mehr mit der Landwirtschaft, welche eine wichtige Basis des Überlebens bildet, auseinandersetzen sollte.

Es ist einfach katastrophal, wie unsere Bauern in diesem wirklich grossen und nicht endenwollenden Dilemma stecken: Milchschwemme - Konkurrenz durch die EU - tiefe Milchpreise - Umstellung auf Bio... Greifen wir zuerst einmal das Thema "Konkurrenz durch die EU" auf. Es ist wirklich erschreckend, wenn man sieht, wie unsere (Klein)Bauern keinerlei Chancen mehr haben, mit den Grossbetrieben in der EU zu konkurrenzieren. Zwar sind die aus der EU exportierten Güter qualitativ nicht auf dem Level der Schweizer Produkte, doch sind sie sehr billig zu kaufen und deshalb auch erfolgreicher als die Inland-Produkte. Die meisten Schweizer/innen bevorzugen lieber die zwar qualitativ nicht gerade hochstehenden, aber doch sehr billig zu habenden Ausland-Produkte, als die qualitativ besser dotierten Schweizer Produkte, die natürlich einen gewissen Preis beanspruchen. Man hat sogar die Milchpreise gesenkt, um überhaupt einigermassen konkurrenzfähig zu sein, obwohl wir noch lange nicht das Preis-Niveau der EU-Güter erreicht haben. Aus dieser Milchpreissenkung resultiert natürlich, dass unsere kleineren Betriebe sterben, weil sie dadurch keine grossen Verdienste mehr verzeichnen können. Der Schutzzoll wäre eine Variante, unsere eigenen, schweizerischen Güter gegenüber den ausländischen Gütern konkurrenzfähiger zu machen. Nur hat eine solche Variante in der heutigen Zeit überhaupt keine Chance. Ein gutes Beispiel für das Nichtfunktionieren des Schutzzolls war der Absolutismus® Merkantilismus (=keine freie Marktentwicklung), in dem diese Idee, die übrigens von Colbert stammte, die eigenen Güter durch Schutzzoll zu schützen, völlig fehlgeschlagen hatte. Wenn wir einen solchen Schutzzoll einführen würden, dann würden unsere Nachbarländer ihren Zoll auch erhöhen und somit erreichen, dass unsere Güter, die im Ausland sowieso kaum Interessenten finden, noch viel weniger gekauft würden. Auch ein grosses Problem der heutigen krisengeschüttelten Landwirtschaft ist die in grossen Mengen vorhandene überschüssige Milch. Wegen der ganze Industrialisierung, den schnelleren und leistungsfähigeren Maschinen, der höheren Leistungsfähigkeit der Kühe (geben mehr Milch), der Zusammenschlüsse einzelner Bauernbetriebe haben wir eine Milchschwemme, die auch ein sehr grosses Problem der Schweizer Agra-Industrie darstellt und so schnell als möglich behoben werden muss. Es ist eigentlich unvorstellbar, dass auf der einen Seite der Erdkugel die Menschen um ihr Leben zittern müssen, weil sie zu wenig Nahrung haben und wir hier in der Schweiz viel zu viel überschüssige Milch besitzen und nicht wissen, wie man mit diesem schwerwiegenden Problem umgehen soll! Eine Lösung wäre der Export unserer überschüssigen Milch in die EU. Aber dieser Lösungsweg hat einen Haken: Unsere für europäische Verhältnisse teuren Güter würden im Ausland nicht gekauft, weil sie viel zu teuer wären.

Diese aufgezählten Probleme sind nur ein Bruchteil der ganzen Problematik "Landwirtschaft", denn solche Probleme findet man nicht nur in der Milchindustrie - nein - auch die Fleisch- und Obstproduktion besitzen die gleichen Problemen. Deshalb müssen wir Bauern und Politiker- ich spreche dabei ganz besonders Sie an, Herr Couchepin - unsere Kunden auf die Situation in der Schweizer Landwirtschaft aufmerksam machen - ohne zu jammern. Nur so gelingt es, die Kunden von der Qualität unserer Produkte zu überzeugen, nur dann sind die Kunden bereit, für eine bessere Qualität etwas tiefer in den Sack zu greifen! Tragen wir Sorge zur Qualität unserer Produkte, trotz grosser ausländischer Konkurrenz! Suchen wir die Nähe zu unseren Kunden, damit der Kunde sieht, wie wir produzieren und was er kauft! Ich plädiere für eine Solidarität, die das ganze Schweizer Volk, mitsamt allen Politikern, egal welche Partei, umfasst, damit wir gemeinsam einen Weg aus diesem Dilemma finden.

Christoph Leisibach vom Eidg. Bauernverband
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