Heute schon geflirtet?

Neulich sitze ich mit dem Notebook auf den Knien im Zug, Musik aus zwei Ohrenstöpseln hält mir beim Schreiben die Gespräche der Mitfahrenden fern. Pendleralltag. Deshalb fällt mir der Reisende im Abteil gegenüber nicht auf. Auch er arbeitet mit Kopfhörer und Notebook. Zwei von der Umwelt abgeschottete Autisten also. Doch dann passiert es: Ein Zischgeräusch kündigt ein PC-Ereignis an. Ein Fenster informiert, ein anderes Gerät melde sich an. Verwirrt schaue ich mich um und entdecke die Verwunderung beim Tech-Pendler gegenüber. Auch beim ihm hat's gezischt. Schmunzelnd stellen wir fest, dass die Notebooks ungefragt über Infrarot miteinander angebandelt und einen virtuellen Handshake initiiert haben. Die neue Drahtlostechnologie Bluetooth schafft solcherlei bis zu zehn Metern, bald sollen es 100 sein. Für Kontaktscheue und Liebhaber des unkonventionellen Flirts verspricht dies den Abbau von Barrieren. Wenn einem die reizende Person im Zug oder in der Airport-Lounge trotz Blickkontakten keine Aufmerksamkeit schenken will, kann nun nachgeholfen werden: Per Notebook, PDA oder Handy schnell einen Suchauftrag für andere Bluetooth-Geräte mit entsprechendem Zischlaut absetzen und mit einem Lächeln auf die Verwirrung beim Gegenüber warten.

Nach dem Simseln erwartet uns jetzt das Blauzahnen mit Unbekannten, mit denen man bei beidseitiger Sympathie einen Chat startet. Ein Problem gibt es noch: Gadgets mit Bluetooth verbreiten sich schnell und die Profildaten eines gefundenen Bluetooth- Geräts sagen nichts über seinen Besitzer. Statt des erhofften Lächelns der angepeilten Schönheit könnte man einen giftigen Blick des spröden Knackers vis-à-vis ernten. Hier liegt wohl auch die eigentliche Bedeutung von Bluetooth: Wer anderen auf den Zahn fühlt, kann ein blaues Wunder erleben. claude @ settele.ch

Schmunzelnde Feststellung: Notebooks haben ungefragt über Infrarot angebandelt .