Virtuelle Lern- und Austauschplattformen sind die Wunderlösung für die Sekundarstufe II. Zu diesem Schluss muss man zumindest kommen, wenn man ein paar Entwicklungen der letzten Zeit betrachtet:
Auch im Gymnasium Helveticum sind zwei Beiträge (GH 6/03 und 1/04) erschienen, welche zur Steigerung von Kreativität und Effizienz die Nutzung von virtuellen Plattformen vorschlagen.
Bei soviel Engagement und Enthusiasmus ist es angebracht, auch kritische Fragen zu stellen. Wo liegen die Vorteile solcher Programme? Ergibt sich durch den Einsatz von virtuellen Plattformen ein didaktischer Mehrwert? Oder, was ebenfalls legitim ist: Werden durch den Einsatz von virtuellen Plattformen gewisse Abläufe effizienter?
Virtuelle Plattformen bieten die Möglichkeit zur Zusammenarbeit. Die Förderung von Sozialkompetenzen durch Teamwork ist sicher wünschenswert. Doch sind Gruppenarbeit und der Austausch von Dokumenten in der Mittelschule, wo sich die Schüler/innen jeden Tag im Schulhaus einfinden, tatsächlich erst seit der Entwicklung von virtuellen Plattformen möglich? Nein, aber virtuelle Plattformen vereinfachen den Austausch auch ausserhalb des Schulhauses, am Abend und in den Ferien. Die richtige Plattform vorausgesetzt, können sie den administrativen Aufwand senken und die Probleme beim Datenaustausch vermindern.
Doch welches ist die richtige Plattform? Als Hilfestellung jenseits von technischen Details und neusten Features dazu ein paar langfristige Überlegungen.
Dieser These wird wohl niemand widersprechen. ICT soll nicht Selbstzweck sein. Trotzdem geschieht es im Schulalltag oft, dass der Umgang mit den Möglichkeiten und den Tücken der ICT mehr Zeit verschlingt als gewünscht und vorausgesehen. Es ist darum wichtig, diesen Grundsatz nicht aus den Augen zu verlieren.
Die Zeit, die eine Lehrperson mit dem Erarbeiten und Aufbereiten von Unterrichtsmaterial verbringt, kostet bald einmal mehr als die dabei verwendeten Programme.
Die über 5'000 Dias der Fachschaft Geschichte haben bereits mehrere Computergenerationen überlebt. Eine gut gemachte Lerneinheit zum Thema Plattentektonik veraltet auch nicht so rasch.
Bei Projekten, die voraussichtlich ein Semester dauern, soll der Installations- und Einarbeitungsaufwand für alle Beteiligten so gering wie möglich sein. Für die Lehrperson soll das Aufsetzen der Arbeitsumgebung möglichst einfach sein (siehe These 1) und das Einarbeiten in eine komplizierte Plattform lohnt sich weder für Lehrpersonen noch für die Schülerscahft (siehe These 3).
Es braucht Überwindung, den Wunsch nach Perfektionismus und einer endgültigen Lösung abzulegen und ein Werkzeug nur für ein Semester oder Jahr auszuwählen. Dieses Bewusststein kann aber viel Aufwand ersparen.
Bei der Wahl einer Plattform für langlebige Inhalte sind aus Sicht der Inhalte zwei Kritieren entscheidend: Welche Plattform wird es morgen noch geben und bei welcher Plattform ist das Herauslösen der Inhalte mit vertretbarem Aufwand möglich?
Bei einer weit verbreiteten Plattform ist die Gefahr geringer, dass sie plötzlich verschwindet. Je mehr eine Plattform genutzt wird, desto grösser ist das Interesse an einem Weiterbestehen.
-- BeatDoebeli - 14 Feb 2004