Maturaarbeiten Ph. Schaufelberger
Welche Kriterien müssen eingehalten werden?
Vorbemerkung
Eine Maturaarbeit ist vor allem seit den MAR Bestimmungen keinesfalls mehr eine Nebensache, die sich zwischen Chips und Fussball, Matheprüfungen und Coca mal so zwischen durch erledigen lässt. Eine Maturaarbeit braucht Raum, Zeit und Interesse. Letzteres entspringt selbstverständlich den SchülerInnen, die ja in Ihrer Arbeit einen beträchtlichen Anteil von Eigenleistung zu erbringen haben, es ist aber gerade angesichts der Tragweite des Unterfangens auch vorteilhaft, wenn dieses mit den schulinternen oder fachspezifischen Vorgaben einerseits und den Interessen der betreuenden Lehrperson andererseits übereinstimmt.
Einzelne Kriterien, die sich zur Wahl einer Maturaarbeit anbieten
- Räumliche Nähe: Ein möglicher Zugang zu einem Thema bietet die räumliche Nähe. Lokalgeschichtliche Arbeiten bieten sich an. Die Themenvielfalt ist gross:
- Sursee während der Freischarenzügen gemäss lokalen Quellen
- Sursee während des 1. Weltkrieges; Analysen lokaler Zeitungsartikel
- Ameliorisierungen und Anbauschlacht im Raum Sursee (2. Wk)
- Die Polnischen Internierten im Raum Wauwil; Eine Rekonstruktion anhand von Tagesbefehlen und Gesprächen mit einheimischen Bauern
- Zeitliche Nähe: Ein zweiter sinnvoller Zugang bietet die zeitliche Nähe. Mögliche Themen sind hier:
- Die Berichterstattung über den Nahostkonflikt im Winter 2002/3 in der NZZ
- Wahlpropaganda und Wahlauftritte lokaler Parteien im Hinblick auf die Wahlen 2003
- Die Schweiz und die Uno; eine erste Bilanz anhand von Interviews mit massgeblichen Politikern
- Die Nato Osterweiterung und Russland. Gespräche mit Exilrussen am slawistischen Seminar der Universität Zürich im Vergleich mit aktuellen Presseberichten.
- Persönliche und familiäre Nähe:
- Unsere Familiengeschichte, eine Aufarbeitung anhand von Tagebuchnotizen, Briefen und Dorfchronik.
- Historisches Bewusstsein bei den JuSo und der Jungen SVP: Befragung von Parteimitgliedern zu ausgewählten zeitgeschichtlichen Ereignissen oder Problemen.
- ...
Wozu ein Arbeitsjournal?
Vorbemerkung
Die Maturaarbeit ist ein Produkt. Genau so wichtig aber wie das Produkt ist die Art und Weise, wie es entstanden ist. Die Berücksichtigung eines Lerntagebuchs ist ein gewichtiger Vorteil für die SchülerInnen, wenigstens für diejenigen, die eine gute Maturaarbeit schreiben wollen. Warum? - Weil auch einE gute SchülerIn beim Verfassen einer Arbeit mit Problemen konfrontiert werden kann, an welchen Sie wenig Schuld trägt. Ist nun beispielsweise dokumentiert, dass eine Botschaft trotz eines einwandfreien Briefes und regelmässig wiederholten Rückfragen einer/m SchülerIn keine Antwort zu kommen lässt, dann schüttelt der Leser nicht über die Lücken in der Maturaarbeit, sondern über die entsprechende Botschaft den Kopf.
Einige Beispiele von Journaleinträgen aus der Sicht eines Schülers
Faszination Politik
Wie kommen Jugendliche dazu, Politik zu treiben?
Hmm. Tönt spannend, befriedigt irgendwie aber nicht so ganz, weil es wohl kaum möglich sein wird, eine für eine rein empirische Arbeit genügend grosse Zahl Jugendlicher Politiker zu finden, die Antworten auf meine Fragen geben.
Verknüpfung mit aktuellen politischen Themen
Sinnvoll wäre es, einige repräsentative Parteimitglieder (z.B. von 2 Jungparteien je 2 Präsidenten von Kantonalsektionen) nicht nur zu ihrer Motivation, Politik zu treiben, sondern auch zu ihrer Meinung über hist. oder polit. Themen zu befragen. Sinnvoll wäre wohl eine ausgewogene Mischung von aussen- und innenpolitischen Themen.
Suche nach politisch aktuellen Themen
Gibt es nicht so etwas wie Trendbarometer oder so? Finde im Internet ein Institut in Zürich, das von Mediensoziologen betrieben wird und Medienanalysen vornimmt. Traue mich aber irgend wie nicht, die an zu rufen und versuche zuerst anhand einer quantitativen Stichwortsuche auf der NZZ Homepage (
http://www.nzz.ch) die Bedeutung von Themen heraus zu finden:
- Arbeitslosigkeit gibt 202 Treffer,
- Bildungspolitik 49 Treffer,
- Zivildienst gibt 6 Treffer,
- Sozialpolitik 130 Treffer,
- Gymnasium 18 Treffer,
- Irak 278 Treffer,
- Israel 299 Treffer.
Rein quantitativ liesse sich also eine Rangliste erstellen. Zudem habe ich gerade gestern im Radio gehört, dass die Arbeitslosigkeit im letzten Monat um 10% angestiegen sei; scheint also tendentiell ein wichtiges innenpolitisches Thema zu bleiben. Aber irgendwie macht mir das wenig Spass. Entscheide mich, - wie immer in solchen Situationen - nochmals darüber zu schlafen.
Entscheidung bezügl. Themenwahl
Gerade heute habe ich gelesen, dass durch die MAR diverse Fächer, die mir enorm wichtig sind, an Stellenwert eingebüsst haben. Nerve mich darüber. Irgendwie scheint mich die Schulpolitik schon sehr zu interessieren. Und wer könnte die Politik besser auf unsere Schüleranliegen aufmerksam machen als Jungparteien. Entscheide mich also, meine quantitative Evaluation von gestern links liegen zu lassen und mich einem Thema zu zu wenden, das mich interessiert: Die Haltung von Jungpolitikern zur Matura-Reform. Ok. Sehe gerade, dass einiger dieser Politiker, die damals noch jung waren, heute gar nicht mehr so jung sind. Gut, das scheint es nicht zu bringen. Ich entscheide mich, die beiden Maturareglemente einander gegenüber zu stellen und für die wesentlichsten Veränderungen die Argumentation der damaligen Verantwortungsträger ausfindig zu machen.
Gespräch und Konkretisierung
Nun ja, war nach meinen gestrigen Versuchen, das Thema zu konkretisieren nicht besonders befriedigt. Hatte den Eindruck, dass meine Ausführungen eher ins Fach Pädagogik oder in die Sparte Exotismus gehören würden als ins Fach Geschichte. Ich erachtete es insofern als sinnvoll, einmal meinen Geschichtslehrer um Rat zu fragen. Prompt fand dieser, dass meine bisherige Fragestellung historisch noch etwas angereichert werden müsse, was mich zunächst nicht sonderlich freute. Seine Idee jedoch, nicht einfach MAR und MAV zu vergleichen, sondern ganz konkret den Stellenwert der Fächer Geschichte und Staatskunde in den Jahren 1972, 1987 und 2002 an der Kanti Sursee zu untersuchen und zu vergleichen, fand ich ziemlich sympathisch. Auch dürfte dabei die Quellenlage nicht all zu schlecht sein. Zur Abklärung politischer Hintergründe (MAV-MAR) verwies er mich ausserdem auf Herrn Inauen und Herrn Widmer (http://www.hanswidmer.ch/).
Integration der Jungpolitiker
Irgendwie waren durch die Ratschläge meines Lehrers, welche ja gut und recht sind, die Jungpolitiker, welche mich persönlich interessieren, auf der Strecke geblieben. Ich werde deshalb heute meinem Betreuer folgendes revidiertes Konzept vorstellen.
- a) Vergleich der Bedeutung von Geschichte / Staatskunde 1972, 1987 und 2002.
- b) Interpretation der Veränderungen anhand von Interviews mit Fachleuten, welche an der Ausarbeitung der MAR beteiligt waren.
- c) Beurteilung, ob und inwiefern sich im politischen Bewusstsein Jugendlicher durch den eher geringen Stellenwert des Faches im Maturazeugnis etwas ändert, dies anhand von Interviews mit Jungpolitikern. Dabei dürften etwa folgende Fragen gestellt werden:
- Als wie wertvoll erachtest Du das Fach Geschichte / Staatskunde für die Herausbildung eines politischen Bewusstseins
- Glaubst Du, dass der Stellenwert dieses Faches genügt, um im gegenwärtigen politischen und sozialen Gegebenheiten Umfeld Jugendliche zu verantwortungsvollen und mündigen Staatsbürger zu erziehen?
- Welche Rolle spielen Jungparteien bei der Herausbildung eines politischen Bewusstseins bei Jugendlichen?
- Wie wichtig ist dieses Thema in Deiner politischen Tätigkeit? Gibt es für Dich einen Handlungsbedarf und wenn ja: wie würdest Du vorgehen?
Osterferien
Ich verbringe die erste Woche in Nizza...:-))
-- PhilippSchaufelberger - 07 Dec 2002