Inhaltsangabe von Elisha Daniel
Ruedi Klapproth beschreibt in seinem Roman “Tunnel der Gewalt“ die Kriegsproblematik und die spätere Integrierung eines Jugoslavenjungen. Milan Nicolic wird von seinem gewalttätigen Vater in den Bürgerkrieg des ehemaligen Jugoslawien mitgerissen. Brutal erfährt er die Gräuel des Krieges. Sein Vater wird erschossen. Zurück in der Schweiz wird er endgültig aus der Bahn geworfen, denn sein älterer krimineller Bruder beherrscht die Familie wie früher der Vater.
Milan steht am Grabe seines Vaters und es verwirrt ihn, dass er nicht einmal Trauer empfindet. Es darf eigentlich nicht sein, aber das Gefühl ist stärker. Er fühlt sich endlich befreit, befreit von einem rücksichtslosen Egoisten. Niemand mehr, der ihm sagen wird, was er zu tun hat, niemand mehr, der ihn schlagen wird. In einer Folge von Bildern tauchen die letzten Tage vor ihm auf:
Der Vater, der ihn mit Schlägen zwingt nach Kroatien mitzukommen; der ältere Bruder Dragan, der dem Vater zuruft:“ Du bist ja verrückt!“ der traurige Blick der Mutter, die das Taschentuch an die blutenden Lippen drückt; die Fahrt mit dem Autobus nach Kroatien; die Waffen, die sie in Zagreb fassen mussten und die Verfrachtung hierher; die Detonation am Abend, die seinem Vater das Leben kostete.
Nach der Beerdigung seines Vaters versucht Milan eine Familie in einem Unterschlupf zu bedrohen und fordert von ihnen Nahrung. Er geniesst es Herr der Lage zu sein und die Gefangenen im Ungewissen zu lassen. Später gelingt es dem Familienvater, Milan zu überwältigen. Er zwingt Milan, sich mit dem Krieg auseinanderzusetzen und zeigt ihm einen Haufen menschlicher Körper, nackt, verstümmelt, entsetzlich zugerichtet. Milan beherzigt den Rat des Mannes, schnellstmöglichst in die Schweiz zurückzukehren und kann aufgrund seiner Schweizer Aufenthaltsbewilligung zurückreisen.
Zuhause angekommen, übernimmt der ältere Bruder die Gewaltherrschaft des Vaters. Bei einer Meinungsverschiedenheit mit der Mutter schlägt er sie spitalreif und verletzt auch Milan, der seiner Mutter zu Hilfe eilt. Auf Wunsch der Mutter verrät Milan der aufmerksamen Ärztin nichts von der tätlichen Auseinandersetzung und täuscht einen Unfall vor. Trotzdem beschliesst sie, das Sozialamt einzuschalten.
Auch in der neu besuchten 3. Sekundarklasse ergeben sich Probleme. Der Französischlehrer hegt gegenüber Milan, dem Jugoslavenjungen, Vorurteile. Die einzige Stütze bietet ihm Niki Studer, eine Mitschülerin, die für Milan grosse Sympathien hegt. Das erzürnt Henry, ein Mitschüler. Er versucht darauf Milan in jeglicher Art zu schaden.
Weil Dragan das Bike Milans verkauft hat, sucht Milan in dessen Zimmer nach Geld und findet eine Brosche. Er zeigt sie Niki, die sie als wertvoll einschätzt. Da eine Mitschülerin hinzukommt, steckt Niki sie schnell in ihre Tasche. Die Auseinandersetzung mit dem Französischlehrer und Milan führt zum Eklat, worauf Milan wutentbrannt die Schule verlässt. Zuhause packt er sich ein paar Habseligkeiten ein und beschliesst, seine Familie zu verlassen.
Bei einer Homeboygruppe, der er früher angehörte, sucht er Zuflucht und wird auch von Mako, einem reichen und verkommenen Juristensohn aufgenommen. Nach ein paar Tagen ist er von ihrer sinnlosen und provokativen Lebensweise jedoch angewidert und verlässt die Gruppe wieder. Ohne Zufluchtsmöglichkeit verbringt er die Nacht auf einer Parkbank.
Niki ist über das Verschwinden von Milan beunruhigt. Sie besucht Milans Mutter im Spital und hofft, etwas über sein Verbleiben zu erfahren. Aber auch die Mutter weiss nichts. Niki beschliesst mit Herrn Gemperle dem Französischlehrer über Milan und seine familiären Hintergründe ein Gespräch zu führen. Herr Gemperle ist über Nikis Aussagen erstaunt und gibt zu, viel Unangenehmes über Milan erfahren zu haben, was ihn seinerseits zu seinem Verhalten bewogen hätte.
Ein alter Mann nimmt sich dem fiebrigen Milan auf der Parkbank an und bringt ihn zu sich nach Hause. Er sorgt für ihn und die beiden tauschen ihre Lebensgeschichten aus. Seit langer Zeit fühlt sich Milan endlich geborgen. Der alte Mann klagt jedoch des öfteren über Herzschmerzen. Eines Nachmittags, als er sich müde ins Bett gelegt hatte, schreit er plötzlich auf. Der herbeigerufene Arzt kann nur noch den Tod feststellen. Milan ist sehr traurig und hat das Gefühl, dass er seinen wirklichen Vater erst jetzt verloren hat.
Zu diesem Zeitpunkt trifft er Niki wieder. Sie besprechen sich und vereinbaren, die Brosche anonym der Polizei auszuliefern. An Dragan stellen sie die Bedingung, die Familie zu verlassen, ansonsten würden sie den Diebstahl der Polizei mitteilen. Dragan willigt wutentbrannt ein. Letztlich findet Milan auch zurück in die Schule, indem er sich mit dem Französischlehrer versöhnt. Der Weg aus dem Tunnel der Gewalt ist für Milan dank der Unterstützung und dem Verständnis seiner Mitmenschen gefunden.
-- ElishaDaniel- 29 Jan 2003