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Buzzwords

Ich werde immer allergischer gegen Buzzwords. Meist sind sie sinnleer ("Fraktaler Wissenserwerb") oder verpacken gesunden Menschenverstand in wolkige Worte ("Blended Learning").


Diskussion

Wo wir schon am diskutieren sind: wie definierst Du denn das Wort "Buzzword", Beat? Auf http://www.dict.cc/?l=d wird "buzz" übersetzt mit: summen, surren, anrufen, brummen, buzz off = hau ab, buzz off = fort mit dir, buzz off = lass mich alleine, buzz saw = Kreissäge, buzz around = geschäftig sein, to buzz off = abbrausen

Ich weiss, das dies der lapidarste Weg ist, deine gute und konstruktive, aber dennoch hinterfragwürdige Kritik zu kritisieren, aber was das Thema Sprache angeht, bin diesmal ich sehr, sehr, na sagen wir mal nicht allergisch, aber kritisch.

Kleines Gedankenspiel: gehe ich richtig, dass Einführungen wie mein Wort "Engelskreis" (vgl. Neues deutsches Vokabular) nicht zu Buzzwords gehören, da man sie im Zusammenhang - in unserem Beispiel als das Gegenteil von "Teufelskreis" - versteht?

Ausserdem gibt es in vielen Fremdsprachen Worte, die ich gerne auf Deutsch gebrauchen würde, die man aber schlichtweg neu - aber da gebe ich dir recht: selbstverständlich sinnvoll - einführen muss. Beispiele: englisch "room" und "space" sind zwei verschiedene Sachen, französische "le truc" kann kaum oder gar nicht ins deutsche übersetzt werden und würdest Du auf deutsch mit vielen Sätzen umständlich erklären wollen, was der Unterschied zwischen: lateinisch "sexus", "eros" und "agape" ist statt diese Worte einfach in den deutschen Wortschatz einzuführen?

Ich glaube es ist - wenn überhaupt - viel sinnvoller, eine Diskussion zu führen, wann die Einführung von neuen Worten in den deutschen Wortschatz sinnvoll ist und wann sinnleer, um deinen - meineserachtens sehr falsch gebrauchten Begriff - zu verwenden, denn "den Sinn nicht kennen" oder "als Wort schlecht gewählt sein und deshalb den Sinn nicht offenbaren oder gar verwirren" ist nicht gleich "ohne Sinn"/"sinnleer" sein!

Soviel zu pedantischem - wie mir oft falscherweise unterstellt wird - oder wie ich jeweils entgegne: zu sorgfältigem aber kreativem Sprachgebrauch. Denn Sprache ist - das weisst Du höchstwahrscheinlich besser und genauer mit Deiner Belesenheit Beat (ernst gemeint, nicht ironisch) - ein äusserst zentraler Bestandteil unserer Kultur, der nicht nur die menschliche Kommunikation zentral mitbestimmt sondern Transaktionen allgemein, menschliches Handeln, Denkstrukturen etc.

Vergleiche auch: Definition: «Neues deutsches Vokabular» in Roger's Wiki


Gemeinerweise gilt für Buzzwords

Beats 1. Gesetz zu Buzzwords

    Es ist einfacher Buzzwords zu erfinden und zu verwenden, 
    als sie als solche zu enttarnen.

Beispiel: Fraktaler Wissenserwerb

Frank Thissen spricht in Kapitel 20 seines Buches Multimedia-Didaktik in Wirtschaft, Schule und Hochschule ( Biblionetz:b01487 ) von Fraktalem Wissenserwerb ( Biblionetz:t03145 ). Sucht man nach einer Definition dieses Begriffs, so findet man nur den Satz:

    Der Lernprozess verläuft fraktal, 
    d.h. Strukturen und Ordnungen entstehen 
    spontan bzw. werden von den Lernern definiert.

Nun ist glücklicherweise das Wort fraktal (w00224) erst kürzlich erfunden worden und so kann man genau nachlesen, was der Erfinder des Wortes, Benoit Mandelbrot damit gemeint hat:

    Ein Fraktal ist nach Definition eine Menge, 
    deren Hausdorff-Besicovitch-Dimension echt 
    die topologische Dimension übersteigt.

im Buch Die fraktale Geometrie der Natur ( Biblionetz:b00595 )

Ich könnte jetzt noch weiter zitieren, aber Fraktale haben nichts mit Spontaneität zu tun, sondern sind mathematisch scharf definierbare Gebilde.

Wenn ich schon am kritisieren des Begriffs Fraktaler Wissenserwerb bin: Wissenserwerb ist ein Wort, dass wie die Faust aufs Auge zu Thissens Ausführungen passt, dass Lerner operational geschlossene autopoietische Systeme sind, die nicht zwischen innen und aussen unterscheiden können. Da passt das Wort "Erwerben", das eher eine Konnotation von "Ware kaufen" besitzt, denkbar schlecht.

Im gleichen Aufsatz von Thissen steht auch der Satz

    Es war insgesamt eine chaotische Orientierungsphase 
    (im Sinne der Chaostheorie), in der sehr unterschiedliche
    Aspekte des Themas vorgetragen und ansatzweise diskutiert 
    wurden.

Schön, wenn man (die durchaus erwünschte) Strukturlosigkeit auch noch mit einer berühmten Theorie garnieren kann. Denn schliesslich ist ja alles relativ (im Sinne der Relativitätstheorie...)

Occams Rasiermesser

Langer Rede kurzer Sinn: Das Erfinden und Verwenden von Buzzwords macht den eigentlichen Diskurs um Inhalte beliebig mühsam. Wie schnell hat man ein solches Wort geschrieben, wie lange hat man jedoch für den Versuch, das Wort zu verstehen und schliesslich, es als beliebig zu enttarnen?

Empfohlene Lektüre: Eleganter Unsinn, Biblionetz:b00286

-- BeatDoebeli - 12 Feb 2004
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