Lieber Philipp,
als Historiker weisst Du zwar mehr über Missbräuche der Vergangenheit als ich. Aber machst Du es Dir nicht zu einfach? Wenn ich an den NationalSozialismus denke, dann kommt mir nicht als erstes das entsprechende Symbol in den Sinn, sondern die Radioansprachen. Sprache in Reinkultur. Auch die Welt der Sprache ist gefährlich. Diktatoren kann ich nicht daran erkennen, dass sie Bildern und Symbole benutzen, sondern welche Symbole und Worte sie benutzen.-- BeatDoebeli - 07 Dec 2002Lieber Beat,
Nein, ich sehe das keinesfalls zu einfach. Es ist naheliegend, dass Worte und Denken Diktaturen stören. Dass dem so ist, erlebst Du bisweilen auch bei schwächlichen Offizieren im Militär (erinnerst Du Dich noch?:-)) oder autoritativen Lehrern an der Schule. Perspektiven von Strafe und Angst ersticken dabei Worte und Kritik. Viel massiver noch verhält sich dies bei der Vereinheitlichung des Denkens in Diktaturen, welche meistens als Projektion und Identifikation Bilder oder bildhafte Worte wie "Das Dritte Reich" usw. verwenden. Hinter-fragen ist da verboten. Aber ich möchte hier nicht mehr weiter ausholen. (Wie viel hat Dir Marc für Deine Verteidiungsvoten bezahlt?? :-))) -- PhilippSchaufelberger - 07 Dec 2002Lieber Philipp,
als erstes finde ich es rhetorisch (mit Worten fechten...) nicht nett, dass Du mir meine eigenständigen Gedanken und Absichten absprechen willst. Da Marc jetzt gerade LehrerInnen weiterbildet, weiss er gar nicht, dass ich Dir Paroli biete.
So wie Du Beispiele finden fuer Deine These finden wirst, so habe ich welche fuer meine:
Lieber Philipp,
ich wollte nicht der Sprache ihre Bedeutung absprechen. Deine Aussage war Die Welt der Bilder ist gefährlich. Ich möchte die Antithese aufstellen Bilder sind nicht gefährlicher als Worte. -- BeatDoebeli - 07 Dec 2002 Bild- und Wortsprache haben viele Ähnlichkeiten. Worte jedoch kann man mit Worten be- und verantworten, Bilder nicht. Worte sind Sinnträger, deren Funktionen meist transparent sind, Bilder sprechen immer einen nicht expliziten Sinnhorizont an, welcher der Manipulation ausgesetzt sein kann (nicht muss!!!). Das Verwenden von Bildern an Stelle von Worten (wie z.B. in der Boulevardpresse) ist populär und in der Werbung effizient, vor allem dann, wenn es darum geht, ohne zu denken Schlüsse zu ziehen. Ja, das Leben nach Vor-Bildern oder in Vor-Urteilen mag sogar bequem und angenehm sein. Aber genau dann wird es gefährlich, weil man dann nur all zu schnell die Ebene der Vernunft verlässt und somit auch die Möglichkeit, für sein Handeln (z.B. das Stimm- oder Kaufverhalten) selber Verantwortung zu übernehmen. Bilder sind nicht zuletzt deshalb gefährlich, weil ihre Gefahr, eine unpersönliche Aussetzung und Medialisierung der kritischen Vernunft, häufig gar nicht als solche erkannt wird. -- PhilippSchaufelberger - 07 Dec 2002Andererseits wird hier auch viel über die Bilder in Werbung oder Politik gesprochen. Solche Bilder kann man meiner Meinung nach überhaupt nicht mit den vorigen vergleichen! Eben gerade diese Bilder sind dafür ausgelegt, möglichst viele Leute hinter sich zu scharen. Folglich müssen diese Bilder für möglichst viele Menschen aussagekräftig sein, was bei den vorigen überhaupt nicht der Fall sein muss!
Deshalb wäre es doch noch sinnvoll zu schreiben, um welche Bilder es hier geht. -- DanielEberli - 08 Dec 2002 Primär geht es wohl grundsätzlich um Bildsprache. Sekundär kann man differenzieren. Erstere Bilder, meist Symbole, welche für Ominöses stehen, lassen durch ihre Offenheit möglichst viele Interpretationen zu. Genau dies ist aber auch das Ziel (und Grund) der Verwendung von Bildern in Werbung und Politik. Dort wo Worte nicht mehr reichen, versucht man etwas durch Bilder zum Ausdruck zu bringen. Dies beginnt beim Camel-Typen zu Pferd, in den wohl ganz unterschiedliche Vorstellungen von Freiheit, Coolheit usw. projeziert werden. Insofern ist eine Differenzierung anders an zu setzen, nicht beim Inhalt des Bildes, sondern bei dessen Verwendung. Eine ganz rudimentäre, aber grundlegende Unterscheidung ist beispielsweise die Differenz zwischen rein deskriptiven Bildern auf der einen, und permformativen (handlungsleitenden) Bildern auf der anderne Seite. Erst letztere beherbergen in sich die von mir erwähnten Gefahren. Nochmals betone ich in diesem Zusammenhang: Es handelt sich bei meiner Aussage um ein ein partikuläres Urteil! Ich sage nicht, dass alle Bilder gefährlich sind. -- PhilippSchaufelberger - 08 Dec 2002